Der große indische Flächenstaat Madhya Pradesh wird auch das Herz Indiens genannt, denn es liegt genau in der Mitte des Landes. Sowohl Hinduismus, Islam als auch Buddhismus haben hier ihre Spuren hinterlassen. Man findet unzählige Baudenkmäler, mit hervorragenden Steinmetzarbeiten geschmückte Tempel, Stupas, Forts und Paläste, aber auch nahezu unberührte Natur und zahlreiche Nationalparks. Denn Madhya Pradesh ist auch der Tigerstaat Indiens.
Die Natur
Zwei fast parallel verlaufende Gebirgszüge – die Vindhya (450 bis 1.100 m hoch) und die Satpura Berge (bis über 1.200 m hoch) – prägen die Landschaft Madhya Pradeshs. Diese Berge sorgen für ein verzweigtes Flusssystem aus den Hauptflüssen Narmada und Tapti sowie den Flüssen Chambal, Sone, Betwa und Mahanadi. Steile Berghänge und tiefe Täler, teilweise mit spektakulären Wasserfällen, meandernde Flüsse in den Ebenen, die mit Hügeln und Seen und großen dichten Wäldern gespickt sind, liefern ein einzigartiges Panorama und sorgen für eine reichhaltige Fauna in den Waldgebieten. Etwa ein Drittel dieses Bundesstaates ist mit Mischwald aus Teak, Bambus, Salbäumen und mehr als 70 weiteren Baumarten bedeckt. In den Nationalparks Kanha, Bandhavgarh oder Pench hat man gute Chancen, auch Tiger bei einer Safari zu Gesicht zu bekommen – einmal ganz abgesehen von der großen Vielfalt an Wild wie dem seltenen Barasingha-Hirsch, den Antilopen und großen Wildrindern, Languren und Rhesus-Affen, Wildschweinen und der ausgesprochen vielfältigen exotischen Vogelwelt, die man unter Garantie sehen wird. An Natur hat Madhya Pradesh mit seinen neun Nationalparks und unzähligen Wildschutzgebieten viel zu bieten.
Das Weltkulturerbe
Unter den außergewöhnlichen Sehenswürdigkeiten den Landes sind auch drei UNESCO Weltkulturerbestätten: Die Tempel von Khajuraho, die buddhistischen Stätten von Sanchi und die Felsunterstände von Bhimbetka.
In diesen fast 250 Felsgrotten von Bhimbetka befinden sich steinzeitliche Malereien, die bis zu 9000 Jahre alt sind. Bhimbetka ist eine der ältesten Fundstellen von Petroglyphen in Indien. Die Felsgrotten liegen etwa 45 km südlich von Bhopal in einer Gegend mit dichten Wäldern und Buschland.
Die Tempel von Khajuraho sind ebenfalls schon ziemlich alt. Sie wurden etwa 950 bis 1120 n. Chr. während der Herrschaft der Chandella-Dynastie erbaut. Nach dem Niedergang dieser Dynastie wurden die Tempel kaum oder gar nicht mehr benutzt und der Dschungel eroberte sich das Gelände wieder. Etwa 20 der ursprünglich rund 80 Tempel sind noch sehr gut erhalten. Vermutlich ist das nur dem glücklichen Umstand zu verdanken, dass die muslimischen Eindringlinge, die Ende des 12. Jahrhunderts begannen, Indien zu erobern, die Tempelgruppe an diesem militärisch und wirtschaftlich bedeutungslosen Ort nicht entdeckten. Denn die Tempel von Khajuraho sind übersät mit überaus freizügigen sexuellen Darstellungen. Andernorts in Indien wurden solche Darstellungen von den muslimischen Eroberern zerstört.
Nordöstlich von Bhopal steht eines der ältesten noch existierende Bauwerke dieser Art in Indien: die große buddhistische Stupa von Sanchi. Der große König Ashoka gab den Bau im 3. Jahrhundert v. Chr. in Auftrag. Sie soll über Relikten von Buddha erbaut worden sein. Ashokas Frau Devi stammte aus der Gegend von Sanchi und die beiden sollen hier auch geheiratet haben. Die Toranas (so eine Art Eingangstore) rund um die Stupa repräsentieren Liebe, Frieden, Vertrauen und Mut.
Städte, Festungen und Paläste
Auch Orte in Madhya Pradesh, die nicht zum Weltkulturerbe zählen, sind durchaus sehenswert. Die Hauptstadt Bhopal – die 1984 durch einen Chemieunfall in den Negativschlagzeilen war – ist heute als die Stadt der Seen bekannt und gehört zu den grünsten Städten Indiens. Die Stadt selbst bietet einige Sehenswürdigkeiten, ist aber auch ein guter Ausgangsort für Ausflüge z. B. nach Bhimbetka oder nach Sanchi.
In Gwalior steht auf einem riesigen Felsen eine große Festung mit Tempeln und Palästen, die vor allem durch die schönen bunten Fliesen an der Außenfassade beeindruckt. Der steile Aufstieg zum Fort und die dicken hohen Festungsmauern machten es praktisch unbesiegbar. Das Fort von Gwalior wird auch das Gibraltar Indiens genannt.
Bekannt für seine feine Architektur ist auch Mandu im Südwesten Madhya Pradeshs. Die Stadt, die heute nicht mehr bewohnt ist, ist ein Symbol der Liebe zwischen dem Dichterprinzen Baz Bahadur und seiner schönen Gefährtin Rani Roopmati. Die Stadt erstreckt sich über sechs Kilometer an einem Steilhang, bietet also einen herrlichen Blick in die Umgebung. Um 1400 wurde sie von einem Prinzen als Residenz auserkoren. Zwölf künstliche Seen, tiefe Zisternen zum Auffangen des Regenwassers und ein ausgeklügeltes System zur Kühlung der Häuser machten das Leben hier auch in der großen Sommerhitze erträglich. Ihr letzter Regent war der musisch interessierte Prinz Baz Bahadur, der bis Mitte des 16. Jahrhunderts hier regierte und dessen Liebesgeschichte zu Rani Roopmati noch heute die Fantasie romantisch veranlagter Inder beflügelt. Seine Herrschaft endete mit der Eroberung durch den Mogulherrscher Akbar.
Orchha ist ein weiteres Kleinod in Madhya Pradesh. Die Stadt wurde 1501 von Maharadscha Rudra Pratap Singh am Fluss Betwa gegründet. Sehr gut erhalten ist der festungsartige Palast Jahangir Mahal auf dem Hügel über der Stadt. Hier kann man auch in einem Seitenflügel im Hotel Sheesh Mahal, das von Madhya Pradesh Tourism betrieben wird, wohnen und ist somit ganz nah dran an der Geschichte jener alten Tage. Die kleine Stadt Orchha hat aber noch viel mehr zu bieten: den Ram Raja Tempel z. B. oder die beeindruckende Chhatris am Ufer des Betwa. Der Ort ist für indische Verhältnisse erstaunlich sauber und die Atmosphäre trotz des Tourismus, von dem hier die meisten leben, sehr entspannt. Westliche Besucher finden eher selten den Weg hierher.
Religiöse Stätten
Omkareshwar ist vor allem durch seinen Shiva-Tempel berühmt, denn hier befindet sich einer der insgesamt zwölf Jyotirlingams Indiens, ein konisches, oft als Phallus interpretiertes Symbol für Shiva. Somit gehört der Shiva-Tempel zu den wichtigsten Heiligtümern für Hindus. Der Ort liegt auf einer steilen, felsigen Insel im Fluss Narmada und ist über zwei Brücken erreichbar. Abgesehen von dem wichtigen Shiva-Tempel befinden sich hier noch mehrere Jain- und Hindutempel.
Auch in Ujjain im Mahakaleshwar befindet sich ein Jyotirlingam. Auch Ujjain ist ein wichtiger Pilgerort für Hindus, kann aber abgesehen von Tempeln auch mit anderen erstaunlichen Sehenswürdigkeiten aufwarten wie dem Observatorium Jantar Mantar, einem von fünf Sternwarten, die der Maharadscha Jai Singh II. zwischen 1724 und 1734 in Delhi, Ujjain, Mathura, Varanasi und Jaipur errichten ließ.
Amarkantak im Osten des Bundesstaates liegt dort, wo das Vindhyagebirge und die Satpura Bergkette aufeinander treffen. Hier oben, in etwas mehr als 1.000 m Höhe, entspringen die Flüsse Narmada und Sone. Der Ort ist eine wichtige Pilgerstätte für gläubige Hindus. Als Shiva Tripura (die drei Städte) durch ein Feuer zerstörte, fiel die Asche auf den heiligen Berg Kailash, aber auch auf Amarkantak. Wer hier stirbt, so glauben die Hindus, wird vom ewigen Kreislauf der Wiedergeburt befreit und kommt in den Himmel. Doch auch die umgebende Natur mit heiligen Weihern, hoch aufragenden Hügeln, dichten Wäldern und atemberaubend schönen Wasserfällen machen Amarkantak zu einem begehrten Reiseziel.
Die Liste der Sehenswürdigkeiten Madhya Pradeshs ließe sich noch unendlich fortsetzen. Weitere Informationen finden Sie unter: www.mptourism.com (Englisch) oder www.madhya-pradesh.de (Deutsch)