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Götter Indiens: Hindu Götter und Göttinnen

Unter den heute noch existierenden Religionen ist der Hinduismus die älteste und mit einer Milliarde Gläubigen die drittgrößte Religion der Welt. Er ist eine Mischung aus religiösen, philosophischen und kulturellen Ideen und Praktiken, deren Ursprung in Indien liegt. Charakterisiert wird er durch den Glauben an Reinkarnation, an ein absolutes Sein, das sich in vielerlei Gestalten äußert, den Glauben an das Gesetz von Ursache und Wirkung, daran, dass man dem richtigen Weg folgen soll, und durch den Wunsch, vom ewigen Kreislauf von Geburt und Tod befreit zu werden.

Im Hinduismus gibt es eine Vielzahl von Göttern und Göttinnen, die aber alle ein einziges abstraktes übernatürliches Wesen symbolisieren – Brahman, die „heilige Kraft“. Dieses höchste Wesen Brahman sitzt nicht im Himmel und verteilt Belohnungen oder Strafen, Brahman ist in jeder Kreatur enthalten. Es ist ein Gott, der sich ständig ändert und in allem anwesend ist. Schöpfung, Bewahrung und Zerstörung, die wichtigsten Eigenschaften dieses obersten Wesens, werden im Hinduismus im sogenannten Trimurti-Konzept von drei Göttern repräsentiert: der Dreieinigkeit von Brahma, Vishnu und Shiva. Sie sind – neben den vielen anderen Göttern – wie Ganesha, Krishna, Rama, Hanuman, Lakshmi, Durga, Kali oder Saraswati – die fundamentalen Hindugottheiten.

Mit jedem Gott ist eine bestimmte Macht oder Kraft verbunden, repräsentiert durch eine Gemahlin – obwohl es Meinungen gibt, die sagen, Götter hätten kein Geschlecht. Dem Schöpfer Brahma steht Saraswati, die Göttin der Sprache und des Lernens, als Gemahlin zur Seite. Die Gemahlin des Bewahrers Vishnu ist Lakshmi, die Göttin des Wohlstands und Erfolgs. Shakti, die Göttin der Macht, ist – in verschiedenen Formen – die Frau des Zerstörers Shiva. Alle diese Götter haben auch ihre eigenen Diener, Vehikel, Inkarnationen und sogar Tiergestalten. So kommt ein stattliches Pantheon von 330 Millionen hinduistischen Gottheiten zustande, die sogenannten Mahadevas.

Indiens Götter: Hindu Götter und Göttinnen

Im Folgenden stellen wir kurz einige wichtige Gottheiten vor, gleich zu Anfang die Dreieinigkeit von Brahma, Vishnu und Shiva.

Brahma

Brahma (die Betonung liegt auf dem letzten „a“) ist der Gott der Weisheit und man glaubt, dass er den Menschen die vier Veden, die grundlegenden religiösen Schriften des Hinduismus, übergeben hat. Ihre Texte sollen direkt von den Göttern stammen und sind daher unanfechtbar. Brahmas Himmel, so glaubt man, enthält in einer übergeordneten Stufe alle Pracht der Himmel der anderen Götter. In den Vedantas (den Schlussfolgerungen aus den Veden) wird er als der kreative Aspekt des Nirguna Brahman (des höchsten Bewusstseins), der „höchste kosmische Geist“ des Universums in der Hindu-Theologie bezeichnet, doch wäre es falsch, ihn als „Geist“ darzustellen, denn sein reines Wesen hat keinerlei Attribute.

In Abbildungen hat er vier Köpfe, rote Haut und trägt weiße Kleidung. Er reitet auf einer Gans. Er hat vier Arme und in einem davon trägt er die Veden, in einem anderen ein Zepter, in einem dritten ein sogenanntes Komondul (ein spezieller Wasserkrug, der immer noch in hinduistischen Riten gebraucht wird) und im vierten Arm einen Bogen – oder, manchmal abweichend, auch eine Perlenkette oder einen Löffel.

Brahma brachte aus seinem eigenen Fleisch (oder seiner Substanz – was immer das ist) eine Partnerin hervor, die allgemein als Saraswati bekannt ist. Sie ist sowohl seine Tochter als auch seine Ehefrau. Mit ihr zusammen gebar er die menschliche Rasse. Saraswati ist die Hindugöttin der Weisheit und des Lernens. Ihre Erschaffung durch Brahma am Anfang und vor allem anderen ist ein Symbol dafür, dass Wissen und Weisheit höchste Bedeutung für alle Lebewesen hat.

Vishnu

Die friedensliebende Gottheit der Dreieinigkeit Vishnu ist mit seinen standfesten Prinzipien von Ordnung, Rechtschaffenheit und Wahrheit der Bewahrer des Lebens. Wenn diese Werte bedroht sind, tritt Vishnu aus seiner geistigen Welt hervor, um Frieden und Ordnung wiederherzustellen. In zehn Hauptinkarnationen erscheint Vishnu auf der Welt. Die Anhänger Vishnus werden Vaishnavas genannt. In Südindien wird er unter dem Namen Venkateshwara verehrt.

Den Milchozean zum Schäumen bringen – das ist die Geschichte, in der erklärt wird, wie die Götter schließlich die Dämonen besiegten und unsterblich wurden. Die Geschichte wird im nächsten Kapitel „Dashavatar – die zehn Inkarnationen von Vishnu“ und im Kapitel über Lakshmi ausführlicher beschrieben. Nur so viel vorab: Nachdem es den Göttern gelungen war, den Milchozean aufzuschäumen, erschien Lakshmi in Gestalt einer schönen Frau auf einer Lotusblüte. Unter allen Götter, die vor ihr standen, suchte sie sich denjenigen aus, der es ihr am meisten wert erschien. Vishnu und sie sind seither unzertrennlich.

Shiva

Shiva (oder Mahesh) ist einer der mächtigsten und faszinierendsten Gottheiten im Hinduismus. Er repräsentiert Tod und Zerfall und ist unter vielen Namen bekannt – Mahadeva, Pashupati, Nataraja, Vishwanath, Bhole Nath. Shiva ist vielleicht der komplexeste aller Hindugötter. Dieser Tatsache wird dadurch Rechnung getragen, dass sein Schrein im Tempel immer von dem anderer Gottheiten getrennt platziert wird.

Shiva ist der Gott der Yogis, selbstkontrolliert und zölibatär, und trotzdem gleichzeitig der Liebhaber seiner Lebensgefährtin (Shakti). Shiva ist der Zerstörer der Welt, nachdem Brahma sie erschaffen und Vishnu sie bewahrt hat. Doch dann schafft Brahma die Welt erneut und der ewige Kreislauf beginnt von vorn. Shiva ist für zweierlei Veränderung verantwortlich: zum einen für Tod und Zerstörung, zum anderen aber auch im positiven Sinn für die Zerstörung des Egos, für eine falsch verstandene Identifikation mit einer Hülle. Dazu gehört auch das Loslassen von alten Gewohnheiten und Bindungen.

Alles, was einen Anfang hat, muss notwendigerweise auch ein Ende haben. In der Zerstörung wird nicht wirklich etwas zerstört, abgesehen von der Illusion der Individualität. Diese Zerstörungskraft Lord Shivas hat eine große reinigende Kraft, sowohl auf einer persönlichen Ebene, wenn uns Probleme die Realität klarer vor Augen führen, als auch auf einer universellen Ebene. Die Zerstörung macht den Weg für eine neue Schöpfung frei, für neue Entfaltungsmöglichkeiten der Schönheit und des Dramas universeller Illusionen. Als Satyam, Shivam, Sundaram – oder auch die Wahrheit, das Gute und die Schönheit – repräsentiert Shiva den zentralsten hinduistischen Gott.

Nataraja

Nataraja, eine der Verkörperungen Shivas, stellt tänzerisch diesen großen Schöpfungsmythos und den Kreislauf von Tod, Geburt und Wiedergeburt dar. Sein Tanz der Glückseligkeit dient dem Wohlergehen der Welt. Unter seinen Füßen zerschmettert er den Dämon der Unwissenheit Apasmara Purusha, der durch Vergesslichkeit hervorgerufen wird. Eine seiner Hände weist über der Brust auf den gehobenen Fuß, um so auf die Loslösung von irdischen Bindungen des Gläubigen hinzuweisen. Das Feuer repräsentiert die endgültige Zerstörung, aber der Tanz des Nataraja ist ebenso ein Akt der Schöpfung, der schlafende Energie weckt und die Asche des Zerstörten so im Universum verstreut, dass eine neue Schöpfung möglich wird.

Hindus huldigen Shiva in so gut wie jedem Hindutempel, aber auch zu Hause in den Familien in Form eines phallischen Symbols namens „Shiva Lingam“. Das Lingam wird dabei nicht als Phallus an sich verehrt, sondern nur stellvertretend für Shiva als das höchste Bewusstsein. Es verkörpert die männliche Energie Shivas. Als Basis des Lingam wird es umhüllt von Yoni, dem weiblichen Geschlechtsorgan, das die universelle Energie darstellt: Shakti, Shivas Gemahlin. Aus ihr kommt seine ganze Macht und Energie. Die populärste Verkörperung von Shakti stellt Parvati, Shivas zweite Frau, dar. Wenn dieses Symbol richtig verstanden wird, so ist das Mysterium der Schöpfung ein Akt der Liebe.

Krishna

Dieser große Vertreter der Gita, eine der zentralen Schriften des Hinduismus, ist der neunte und vollständigste Avatar Vishnus, des höchsten Gottes der hinduistischen Dreieinigkeit. Von allen Avataren ist Krishna auch der beliebteste Gott und vermutlich derjenige, der den Massen am meisten am Herzen liegt. Diese blauhäutige Gottheit hat die Inder in vielerlei Hinsicht in ihren Gedanken, ihrem Leben und ihrer Kultur beeinflusst – nicht nur deren Religion und Philosophie, sondern auch die Mystik und Literatur, die Malerei und Bildhauerei, den Tanz und die Musik und alle Aspekte indischer Folklore.

Ganesha

Ganesha, den man leicht an seiner Elefantengestalt, die eine Maus reitet, erkennen kann, ist wohl der beliebteste Hindugott und außerdem eine der bekanntesten Sinnbilder für alles, was mit dem Hinduismus in Zusammenhang gebracht wird. Ganesha, der Sohn von Shiva und Parvati, wird mit gebogenem Rüssel und großen Ohren, aber auch einem dickbäuchigen menschlichen Körper dargestellt. Er ist der Gott des Erfolgs und der Zerstörer von Bösem und Hindernissen. Ganesha wird außerdem als Gott des Wissens, der Weisheit und des Wohlstands verehrt.

Rama

Er ist der perfekte Avatar des höchsten Beschützers Vishnu und damit auch der Liebling unter den Hindugottheiten. Als äußerst populäres Symbol von Ritterlichkeit und Tugendhaftigkeit verkörpert Rama die Wahrheit, Moral, den idealen Sohn, den idealen Ehemann und – allem voran – den idealen König. Weit verbreitet ist der Glaube daran, dass er einer historischen Figur entspricht – ein „Stammesheld des alten Indiens“ –, dessen Heldentaten im großen hinduistischen Epos Ramayana aufgezeichnet wurden.

Lakshmi

Vishnus Gemahlin bedeutet für die Hindus Glück. Das Wort „Lakshmi“ kommt vom Sanskritwort „Laksya“, das so viel wie „Ziel“ bedeutet. Lakshmi ist die Göttin des Wohlstands und Erfolgs – sowohl in rein materieller als auch in spiritueller Hinsicht. Sie ist vor allem bei Frauen beliebt und ist in den meisten Hindufamilien die Hausgöttin. Dargestellt wird sie als schöne Frau mit goldenem Teint und vier Händen. Sie steht oder sitzt auf einer Lotusblüte, hält eine Lotusknospe in der Hand – ein Symbol für Schönheit, Reinheit und Fruchtbarkeit.

Hanuman

Hanuman, der mächtige Affe, der, wie im Ramayana beschrieben, Lord Rama bei seinem Kriegszug gegen die bösen Mächte half, ist ebenfalls einer der beliebtesten Figuren im Hindu-Götterhimmel. Er soll ein Avatar von Lord Shiva sein. Verehrt wird er als Symbol für physische Kraft, Ausdauer und Hingabe. In schwierigen Zeiten singen Hindus gerne seinen Namen oder seine Hymne „Hanuman Chalisa“. Hanuman Tempel gehören zu den am meisten verbreiteten öffentlichen Schreinen in Indien.

Durga

Die Gottesmutter – auch bekannt unter den Namen Durga, Bhavani, Sherawali, Amba, Chandika, Gauri, Parvati, Vaishno Devi – repräsentiert die feurigen Kräfte der Götter. Der Name „Durga“ bedeutet „unerreichbar“ und sie ist die Personifikation der göttlichen „Shakti“-Energie von Lord Shiva. Durga wird üblicherweise als Reiterin eines Löwen mit Waffen in ihren vielen Händen dargestellt. Sie ist die Beschützerin der Gerechten und die Zerstörerin des Bösen.

Kali

Die dunkle Göttin Kali ist die schreckliche und grausame Form der Gottesmutter Durga. In Darstellungen wird oft gezeigt, dass sie aus einer Stirnfalte zwischen Durgas Augenbrauen geboren wurde, während diese eine ihrer Schlachten gegen das Böse ausfocht. Kali ist vermutlich das wildeste Abbild eines Gottes von allen Gottesbildern dieser Welt. Sie streckt die Zunge heraus, hat feuerrote Augen, ihr Gesicht und ihre Brüste sind blutverschmiert. Mit einem Bein steht sie auf der Hüfte, mit dem anderen auf der Brust ihres Gatten Shiva.

Saraswati

Als Göttin des Wissens und Lernens repräsentiert Saraswati den freien Fluss von Weisheit und Bewusstsein. Sie ist die Mutter der Veden, einer Sammlung religiöser hinduistischer Texte. Lieder zu ihren Ehren – die sogenannten „Saraswati Vandanas“ – beginnen und enden oft mit vedischen Lektionen. Die Tochter von Lord Shiva und der Göttin Durga ist auch die Göttin der Weisheit, der Kunst und der Musik. Man glaubt, dass Saraswati den Menschen die Sprache, Weisheit und das Lernvermögen geschenkt hat.

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