Badal Mahal in Chanderi. © Foto: Chanderi Tourism

Geheimtipp für Kulturtouristen: Chanderi in Madhya Pradesh

Badal Mahal in Chanderi. © Foto: Chanderi Tourism

Der kleine Ort Chanderi im indischen Bundesstaat Madhya Pradesh mit seinen knapp 30.000 Einwohnern liegt grob zwischen Agra und Bhopal. Auch die nächstgelegenen größeren Orte Ashoknagar und Lalitpur sind vermutlich nur ausgewiesenen Kennern dieses Bundesstaates bekannt. Dennoch ist es die Stadt wert, etwas näher betrachtet zu werden, denn historisch ist der Ort nicht ganz unbedeutend. Einst war die Stadt mehrere Jahrhunderte lang ein wichtiges Zentrum der Jain-Kultur (von Mitte des 15. bis Mitte des 19. Jahrhunderts), als der Ort an einer wichtigen Handelsstraße zwischen den Häfen in Gujarat und dem Deccan-Hochland lag. Bereits im Jahr 1030 wurde Chanderi in einer persischen Schrift erwähnt.

Die Straße nach Chanderi führt am Rajghat Damm vorbei, unter dessen glitzernder Wasserfläche nicht nur etwa 70 Dörfer versunken sind, sondern auch einer der Schätze der Region leider wohl für immer verborgen bleibt: der Panchamnagar Palast. Aber die Region birgt noch weitere, oft versteckte Kulturschätze.

Die Sari-Stadt

Chanderi liegt südwestlich des Flusses Betwa und ist umgeben von Hügeln, Seen und Wald. So klein Chanderi sein mag, die Stadt ist berühmt für ihre außergewöhnlichen Saris. Die Altstadt umschließt ein Festungswall, auf einem Hügel über der Stadt steht ein altes Fort. Von hier aus hat man einen schönen Blick auf den Ort. Zwei sogenannte Chhatries (Scheingräber oder Ehrengrabmale) wachen über einen Stufenbrunnen, dahinter stehen die Ruinen der Paläste der einstigen Herrscher, die nun wieder restauriert werden sollen. Der gesamte Ort scheint förmlich mit Grabmalen übersät zu sein. Die große Moschee Jama Masjid mit ihren zahlreichen Kuppeln fasst bis zu 2000 Personen und ist die größte und älteste Moschee der als Bundelkhand bekannten Region.

Auf der anderen Seite führt ein großes Steintor, das Kati Ghati, das Sher Khan im 15. Jahrhundert erbauen ließ, durch einen Felsen und ermöglicht so den Bewohnern ohne den zeitraubenden Umweg um den Hügel herum die Stadt im Süden zu betreten oder zu verlassen.

Geschichtliches in den Hügeln

Auf einem anderen nahen Hügel sind verschiedene Jain-Statuen in Nischen in den Fels gehauen. Diese sogenannten Tirthankaras gibt es hier in allen möglichen Größen, von winzig klein bis überlebensgroß. Etwas weiter weg von der Stadt, am Ufer eines Sees inmitten dichten Waldes, steht ein kleiner Palast aus der Bundela-Ära, der Ramnagar Mahal aus dem 17. Jahrhundert. Früher war der Palast vermutlich ein Jagdschloss, heute ist hier ein Open Air Museum.

Ein größeres Museum, das gut mit Schätzen aus vergangenen Tagen bestückt ist und von der Archaeological Survey of India (ASI) betrieben wird, liegt an der Straße, die westlich aus der Stadt führt. Fotografieren ist innerhalb der Museumsräume zwar verboten, aber alle Ausstellungsstücke im Freien dürfen abgelichtet werden. Wenn man bedenkt, das die Sehenswürdigkeiten draußen weitaus zahlreicher sind als im Innern, mutet diese Regel etwas merkwürdig an.

Etwas weiter auf der Straße nach Isagarh, ca. 4 km von der Stadt entfernt, steht der Koshak Mahal, ein Palast der von dem Malwa-Herrscher Mahmud Khilji (1436–1469) erbaut wurde. Historiker glauben, dass der Palast einmal stattliche sieben Stockwerke hoch war. Heute sind nur noch vier Stockwerke erhalten. Die Größe und Eleganz des Gebäudes vermittelt dem Besucher ein wenig von dem Glanz vergangener Tage.

Ein kultureller Knotenpunkt

Chanderi und die Region um die Stadt haben aber noch sehr viel mehr zu bieten. Die Gegend wimmelt es förmlich von Überresten einer reichen Vergangenheit. Dazu gehören Orte wie der Tempel Behti Math aus dem 5. Jahrhundert, die Bhimsen-Höhlen mit ihren Steinskulpturen und zahlreiche andere Tempel, Jahrtausende alte Sandsteinzeichnungen etc., um nur einige wenige zu nennen.

Die meisten Sehenswürdigkeiten sind von der archäologischen Gesellschaft Indiens (ASI) geschützt, manche stehen aber auch völlig ungeschützt in der Gegend. Ein Beispiel ist Devkani, wo eine Reihe alter Tempel nur wenige Kilometer von der Stadt entfernt einsam in den Hügeln stehen, von Kulturschützern unberührt und auch nicht auf der Liste der ASI zu finden. Nur die Priester bewachen den Ort und sorgen dafür, dass die Gebäude erhalten bleiben.

Chanderi ist so reich an Kulturerbestätten, dass es nur darauf wartet erkundet zu werden. Man wundert sich, dass es noch nicht längst zum UNESCO Weltkulturerbe ernannt wurde. Einerseits ist dies ein Nachteil, den der UNESCO Kulturerbestatus soll die historischen Stätten ja auch bewahren helfen. Andererseits kann man hier eine kulturell höchst interessante Gegend noch mit ihrem ganz natürlichen alten Charme erleben. Wenn Sie durch die engen Gassen der Stadt spazieren und dem Geräusch der Webstühle, auf denen die Stoffe für die berühmten Saris gewebt werden, lauschen und wenn Sie die Sonnenuntergänge über den imposanten Grabmalen und Ruinen der Paläste erleben, wird es Ihnen schwer fallen, anschließend wieder ins 21. Jahrhundert zurückzukehren.

Anreise

Chanderi liegt im Distrikt Ashoknagar im indischen Bundesstaat Madhya Pradesh und ist nicht ganz einfach zu erreichen. Der nächste Flughafen liegt etwa vier bis fünf Stunden mit dem Auto entfernt. Der nächstgelegene Flughafen ist im nördlich von Chanderi gelegenen Gwalior (auch eine sehenswerte Stadt!) oder in Bhopal. Von Delhi aus erreicht man den Ort auch gut per Zug (bis Jhansi, das etwa 140 km nordöstlich von Chanderi liegt; von dort aus können Sie ein Taxi nehmen).

Übernachtungsmöglichkeiten

Tana Bana, ein Hotel von Madhya Pradesh Tourism, ist ein einfaches, aber komfortables Hotel mit günstigen Preisen

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