Nationalfeiertag in Indien – Tag der Unabhängigkeit

Am 15. August 2019 feierte Indien zum 73. Mal den Tag der Unabhängigkeit. Premierminister Narendra Modi sprach in seiner Rede an diesem Nationalfeiertag die Erfolge der jüngsten Vergangenheit, aber auch die Herausforderungen der Zukunft an, und er ging auch auf die jüngsten Entwicklungen in der Krisenregion Kaschmir ein.

Geschichtlicher Hintergrund

Swatantrata Divas, der Unabhängigkeitstag,ist einer der drei Nationalfeiertage, an dem die indische Nation das Ende der Kolonialherrschaft der Briten feiern. Die Briten hatten Indien seit dem 18. Jahrhundert regiert. Diese Fremdherrschaft endete 1947 nach jahrzehntelangen Protesten der indischen Bevölkerung und dem von Mahatma Gandhi angeführten gewaltlosen Widerstand gegen die britische Regierung in Indien.

Aufgrund religiöser und ethnischer Auseinandersetzungen wurde das einstige British-Indien in zwei unabhängige Staaten geteilt: das überwiegend hinduistische Indien und das muslimische Pakistan. Der Teilungsprozess verlief keineswegs friedlich. Es kam zu bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen, bei denen Hunderttausende, Schätzungen zufolge bis zu eine Million Menschen starben.

Rede von Premierminister Narendra Modi

In seiner Rede am Roten Fort in Delhi zollte Premierminister Modi den Unabhängigkeitskämpfern Respekt. Es dankte auch all den Menschen, die seit der Unabhängigkeit unermüdlich zur Entwicklung, zum Frieden und Wohlstand Indiens beigetragen haben.

Mit wehenden Fahnen durch die Stadt - Indien feiert seine Unabhängigkeit. Foto: Sowmya
Mit wehenden Fahnen durch die Stadt – Indien feiert seine Unabhängigkeit. Foto: Sowmya

Premierminister Modi ging auch auf die Verdienste seiner Regierung seit ihrer Wahl im Jahr 2014 ein. Diese vergangene Legislaturperiode stand ganz unter dem Zeichen der Verbesserung der grundlegenden Lebensbedingungen der Bevölkerung, so Modi. Offensichtlich trug die Arbeit der Regierung in den Augen der Bevölkerung Früchte, denn laut Modi habe sich die Stimmung im Land gewandelt. Die Menschen Indiens blickten nun hoffnungsvoller in die Zukunft.

Gestärkte Regierung

Damit mag er durchaus Recht haben. Modis Regierungspartei, die Bharatiya Janata Party (BJP), die die Bewältigung vieler Probleme des Landes beherzter als alle Regierungen zuvor in Angriff genommen hatte, war erst im Mai 2019 mit überwältigender Mehrheit wiedergewählt worden. Von einem derartigen Rückhalt in der Bevölkerung beflügelt, wurden bereits in den ersten zehn Wochen nach der Wiederwahl einige wichtige Gesetze erlassen, darunter ein Gesetz, dass die sogenannte Triple Talaq, ein muslimisches Scheidungsrecht, verbietet. Dafür wurde Artikel 35A aus der indischen Verfassung gestrichen. Laut diesem muslimischen Scheidungsrecht kann sich ein muslimischer Mann von seiner Ehefrau scheiden lassen, indem er einfach dreimal „talaq“ (das arabische Wort für Scheidung) sagt, aufschreibt oder – heute häufig genutzt – als SMS oder E-Mail oder sonstwie elektronisch an die Ehefrau sendet. Das neue Gesetz soll die Rechte muslimischer Frauen gegenüber ihren Ehemännern schützen. Außerdem wurde ein Rentenprogramm für Bauern und Kleinstunternehmer erlassen; sie sollen dadurch ab dem 60. Lebensjahr Rente beziehen können. Es wurde auch ein neues Gesetz zum Schutz von Kindern erlassen.

Eine weitreichende, folgenschwere Entscheidung der indischen Regierung war die am am 5. August 2019 erfolgte Streichung von Artikel 370 aus der Verfassung, was von beiden gesetzgebenden Kammern – der Lok Sabha und der Rajya Sabha – mit einer Zweidrittelmehrheit beschlossen wurde. Dieser Passus in Indiens Verfassung garantierte die Autonomie von Kaschmir.

Kaschmir-Konflikt

Seit 1947 schwellt der Konflikt um Kaschmir. Das kleine Fürstentum Kaschmir entschied sich im Zuge der Abnabelung von England zunächst für einen selbstständigen unabhängigen Staat. Doch kurz darauf wurde es von pakistanischen kriegerischen Stämmen überfallen. Auf Bitten Kaschmirs half Indien dem Kleinstaat und Kaschmir schloss sich im Gegenzug Indien an. Der größte Teil Kaschmirs wurde somit nach der Teilung von Britisch-Indien Indien zugesprochen. Doch weil in Kaschmir überwiegend Muslime leben, glaubt Pakistan bis heute ein Anrecht auf die Region zu haben. Die beiden Atommächte führten bereits zwei Kriege um Kaschmir (1947 und 1965). In der Grenzregion kommt es immer wieder zu Gefechten zwischen den Parteien.

Die Gründungsväter Indiens waren überzeugt, dass die beste Garantie für das Überleben ihres jungen riesigen und vielfältigen Staates Kompromisse seien. Um des Friedens in der Region willen wurde Kaschmir Autonomie zugesichert. Bis vor Kurzem gab es dort eine eigene Verfassung, eine eigene Flagge und eine eigene Gesetzgebung. Landerwerb und die Besetzung von staatlichen Stellen war ausschließlich Kaschmirern vorbehalten. Nur die Außen- und Sicherheitspolitik sollte von Neu-Delhi aus bestimmt werden.

Seit Jahrzehnten gibt es in Indien Widerstände gegen die Autonomie Kaschmirs. Viele Politiker, und zwar nicht nur Politiker der hindunationalistischen BJP, sondern auch Mitglieder der Kongresspartei oder anderer Parteien, sind der Meinung, dass diese Sonderrechte den Separatismus und in der Folge auch den Terrorismus in der Region genährt hätten. Viele Politiker glauben, die Stärke Indiens liege in seiner Einheit, nicht in der Vielfalt.

Wahr ist, dass sich die Spannungen zwischen verschiedenen Gruppierungen und zwischen den Religionen im Land in den letzten Jahren verschärft haben. Was Kaschmir betrifft, so wurde die Hindu-Minderheit aus der Region vertrieben. Etwa 40.000 Menschen wurden in den letzten 30 Jahren in dem Konflikt um die Zugehörigkeit des Kaschmir-Tals getötet. 2017 zerbrach die Regierung des Bundesstaates Jammu und Kaschmir. Bis heute ist keine neue Regierung zustande gekommen. Dann sprengte sich im schlimmsten Terroranschlag seit 1990 im Februar 2019 ein Selbstmordattentäter im indischen Teil Kaschmirs in die Luft und tötete mindestens 40 Sicherheitskräfte.

Mit der Aufhebung der Unabhängigkeit Kaschmirs glaubt die indische Regierung der Gewaltspirale in der Region endlich ein Ende zu setzen. In seiner Rede am 15. August versprach PM Modi, dass nun eine neue Ära beginnen würde. Die Region werde jetzt endlich vom Aufstieg Indiens profitieren und Investoren würden sich stärker in Kaschmir engagieren, wenn Sicherheit und Frieden dort Einzug halten werden. Der Sonderstatus habe nur Vetternwirtschaft und Terrorismus gefördert.

In Indien wird das Vorgehen der Regierung von der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung begrüßt. Mehr als sieben Jahrzehnte der Autonomie von Kaschmir auf indischem Staatsgebiet haben keinen Frieden in die Region gebracht. Die Kaschmirer sind jedoch anderer Meinung. Für sie fühlt sich die Situation, die mit einer vorübergehenden Sperrung aller Kommunikationsmittel, zahlreichen Verhaftungen und einer deutlicht verstärkten Militärpräsenz einherging, eher wie eine Belagerung an. Die Stimmung ist zu Ungunsten Indiens gekippt.

Auch international stößt das Vorgehen der indischen Regierung auf Kritik. Kaschmir gehört zu den heißesten Konfliktregionen der Welt, mit drei Atommächten – dazu gehört auch China –, die sich um die Region streiten. Man kann nur hoffen, dass Modis Prophezeiungen des wirtschaftlichen Aufstiegs der Region zutreffen werden. Sehr wahrscheinlich ist das allerdings nicht, denn Pakistan fühlt sich aufs Äußerste provoziert. Wie China sich verhalten wird, ist noch nicht abzusehen.

Wichtige Vorhaben der Regierung

In seiner Rede zum Unabhängigkeitstag hob Premierminister Modi auch noch einmal wichtige Vorhaben seiner Regierung für die laufende Legislaturperiode hervor. Dazu gehört ein gutes Wassermanagement aufgrund der herrschenden Wasserkrise, wofür ein eigenes Ministerium geschaffen werde. Außerdem wird stärker in die Ausbildung von Medizinern investiert, da in Indien Ärzte fehlen. Die Elektrizitätsversorgung soll verbessert werden und Ziel ist es, jedes Haus mit Sanitäreinrichtungen auszustatten. Weiterhin steht die Bekämpfung der Armut auf dem Plan und in den Umweltschutz wird investiert. Die Bürokratie in Indien soll reduziert werden; so wurden z. B. in den letzten fünf Jahren bereits 1.450 Gesetze, als überflüssig erachtet wurden, gestrichen. Insgesamt solle eine Erleichterung der Lebensbedingungen im ganzen Land erzielt und das Wirtschaftswachstum weiter angekurbelt werden.

Tourismus als Motor für die Wirtschaft

Der Tourismus ist hier ein wichtiger Motor für die Wirtschaft. Modi rief seine Mitbürger auf, dass sie ihren Kindern bis 2022, wenn 75 Jahre der indischen Unabhängigkeit gefeiert werden, mindestens 15 touristisch interessante Ziele im eigenen Land gezeigt haben werden. Dann könnten sie gern ins Ausland reisen und sich ferne Länder ansehen, um dort von den kulturellen und landschaftlichen Schönheiten in ihrer Heimat zu berichten.

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