Seit fast 14 Tagen ächzt Indien unter einer Jahrhundertsommerhitze mit Temperaturen von fast 50 °C. Mehr als 1.800 Todesfälle sind aufgrund der Hitze bereits zu beklagen – die höchste Todesrate seit 20 Jahren! Sehnsüchtig wird der Monsun, der Abkühlung bringen wird, erwartet. Bis der Regen in die von der Hitze am stärksten betroffenen Regionen gelangt, wird es aber noch Wochen dauern. Ganz Indien freut sich auf den Monsun, nur Touristen lassen sich oft von der Vorstellung, im Urlaub mit strömendem Regen konfrontiert zu werden, abschrecken. Völlig zu unrecht! Zum einen regnet es im Monsun ja nicht permanent den ganzen Tag und nur manche Gegenden bekommen wirklich sintflutartige Niederschläge; ansonsten kommt es höchstens in der Hauptmonsunzeit zu einigen heftigen Schauern pro Tag. Kalt ist es auch nicht, die Temperaturen sind angenehm. Zum anderen gibt es Regionen, die gerade im Monsun als Reiseziel sehr reizvoll sein können. Folgend eine kleine Auswahl.
Ladakh und Leh
In der nördlichsten Ecke Indiens, in der Nähe des Indus-Tals in Ladakh, liegt die Stadt Leh. Erst seit 1974 ist die Region für Touristen zugänglich und hat sich inzwischen zu einem beliebten Reiseziel entwickelt. Zwei der höchsten Berge der Welt bilden die Kulisse einer alpinen Wüste. Die trockene, raue Landschaft ist die Heimat vieler historischer buddhistischer Klöster, die malerisch an den kargen Berghängen liegen. Die meiste Zeit des Jahres ist Leh über Landwege von der Außenwelt abgeschnitten. Nur von Juni bis Oktober, wenn der Schnee geschmolzen ist, kann man mit dem Auto oder Bus hierher reisen. Allerdings könnte man in der restlichen Zeit auch per Flugzeug von Delhi, Jammu und Srinagar anreisen. Juni bis Oktober ist aber die schönste Reisezeit für Leh. Im Juni findet außerdem das reizvolle Hemis Festival statt.
Der Nationalpark Valley of Flowers
Das beeindruckende Tal der Blumen im Bundesstaat Uttarakhand erwacht durch den Monsun erst zu Leben. In diesem Hochtal im Himalaya gibt es über 300 verschiedene Blütenpflanzen, die in dieser Zeit als ein dichter Blumenteppich die Wiesen bedecken. Die schneebedeckten Berge im Hintergrund ergeben einen schönen Kontrast zu dem bunten Blumenmeer. Der Valley of Flowers Nationalpark ist nur von April bis Oktober geöffnet. Die restliche Zeit des Jahres ist er ohnehin mit Schnee bedeckt. Wer gern wandert und die Natur erkundet, ist hier richtig, denn den Park erreicht man ohnehin nur über einen 15 km langen, relativ steil nach oben führenden Wanderweg.
Kerala
Kerala Tourism versucht seit einiger Zeit erfolgreich über Sonderpreise im Monsun auch in dieser Zeit mehr Touristen in den Süden Indiens zu locken. Ganz abgesehen davon ist der Monsun die ideale Zeit, um eine Ayurveda-Kur zu machen, denn im Monsun wirken die Anwendungen besser, die Poren öffnen sich in der feuchten Luft und machen die Haut aufnahmefähiger und die Kräuter, die verabreicht werden, entfalten im Regen ihre Wirkstoffe besser. Anders als bei vielen anderen Nationalparks Indiens, die während des Monsuns vor allem wegen der unpassierbar gewordenen Wege schließen, ist Keralas Periyar Nationalpark auch während der Regenzeit geöffnet. Auch die spektakulären Schlangenbootrennen finden während des Monsuns statt.
Goa
Gut, Strandwetter ist im Monsun in Goa nicht gerade. Aber Goa hat weitaus mehr zu bieten als Sonne, Sand und Meer. Im Landesinnern kann man eindrucksvolle Landschaften entdecken, an Monsunfestivals teilnehmen, Angeln gehen oder aufregende Wildwasserfahrten genießen. Auch hier bieten die meisten Hotels – auch Luxus-Anwesen – Sonderkonditionen während des Monsuns, was durchaus ein schlagendes Argument für eine Reise in dieser Jahreszeit sein kann.
Meghalaya
Dieser kleine indische Bundesstaat im Nordosten des Landes, der zu den „Sieben Schwestern“ gehört, ist wirklich nur etwas für Menschen, die den Regen wirklich lieben. Meghalaya ist eine der regenreichsten Regionen der Erde, wenn nicht sogar die regenreichste von allen. Das gilt besonders für Cherrapunji, das für seine „lebenden Wurzelbrücken“ bekannt ist. Die Menschen dort lenken die Luftwurzeln einer Baumart so lange in die Richtung, die sie brauchen, bis sich die Wurzeln zu tragenden Brücken verwoben haben. Eine Attraktion, die es wert ist, ein wenig (warmen) Regen in Kauf zu nehmen.