Jal Mandir im Amber Fort. Foto: S.N. Johnson-Roehr

Indien – märchenhafte Pracht und religiöse Vielfalt

Unsere Sehnsucht nach Indien wird zu einem großen Teil von den Bildern prachtvoller Bauten aus den Glanzzeiten der indischen Kultur geschürt. Prunkvolle Paläste und reich verzierte Tempel entführen uns ins Reich der Mythen und Märchen. Viele dieser Prachtbauten Indiens wurden in die Liste des UNESCO Weltkulturerbe aufgenommen. Aber auch die zahlreichen anderen Tempel und Paläste, die nicht in dieser Liste geführt werden, sind sehenswert.

Hinduistische Tempel

So kunstvoll wurden die Tempel von Ellora aus dem Fels gehauen. Foto: Cajetan Barretto
So kunstvoll wurden die Tempel von Ellora aus dem Fels gehauen. Foto: Cajetan Barretto

Etwa 80 Prozent der Bevölkerung Indiens sind Hindus. Dort hat der Hinduismus auch seinen Ursprung. Entsprechend weit reichen die noch erhaltenen Sakralbauten zurück. So sind viele der Höhlentempel von Ellora (UNESCO-Weltkulturerbe) auch hinduistisch (600–900 n. Chr.).

In Pattadakal im südindischen Bundesstaat Karnataka steht ein Tempelkomplex der Chalukya-Dynastie (UNESCO Weltkulturerbe) aus dem 7. bis 8. Jahrhundert, dessen zehn Tempel – darunter ein Jain-Tempel – zu den bedeutendsten frühen indischen Steintempeln gehören. Hier findet man eine experimentelle Mischung aus nord- und südindischem Baustil.

Die Tempelanlage von Pattadakal. Foto: Voyou Desoeuvre
Die Tempelanlage von Pattadakal. Foto: Voyou Desoeuvre

Mahabalipuram (Tamil Nadu) ist mit seinen palmensäumten Sandstränden ein beliebter Badeort – und gehört zu den wichtigsten archäologischen Stätten Südindiens. Hier befinden sich viele Baudenkmäler aus der Pallava-Zeit (7. bis 9. Jahrhundert). Die Stadt war der wichtigste Hafenort des Pallava-Reiches. Besonders interessant ist ein 27 m langes, 9 m hohes Relief, das die Geschichte und Mythologie des 7. Jahrhunderts zeigt. Der Tempelbezirk der Stadt gehört bereits seit 1987 zum UNESCO Weltkulturerbe. Zu diesem Komplex zählen der Küstentempel, der einzige, der von den einst sieben Tempeln entlang der Küste erhalten geblieben ist, sowie die fünf Rathas (Tempelwagen), ein Gruppe monolithischer, also in einem Stück aus dem Fels gehauenen Tempel, die einen Prozessionswagen abbilden.

Ganz besonders beeindruckend ist aber der Tempelkomplex in Khajuraho aus dem 10. bis 12. Jahrhundert (UNESCO Weltkulturerbe, Madhya Pradesh). Von den ursprünglich 80 Tempeln sind nur noch 20 erhalten, die jedoch sind durchaus beeindruckend. Um sie vor Überschwemmungen im Monsun und freilaufenden Tieren zu bewahren, stehen die Bauwerke auf 1,50 m bis 3,00 m hohen Plattformen. Außen sind die Tempel über und über verziert mit erotischen Skulpturen – wohl einer der Gründe, warum der Tempelkomplex bei in- und ausländischen Touristen so beliebt ist.

Airavateshvara Tempel. Foto: Arian Zweger
Airavateshvara Tempel. Foto: Arian Zweger

Drei große Tempel der Chola-Dynastie, die in Tamil Nadu an verschiedenen Orten liegen, wurden von der UNESCO zu einem Weltkulturerbe zusammengefasst: der Brihadishvara-Tempel von Thanjavur (ca. 1000 n. Chr.), der Brihadishvara-Tempel von Gangaikonda Cholapuram (11. Jahrhundert) und der Airavateshvara-Tempel von Darasuram (12. Jahrhundert).

Im Osten des Landes, im Bundesstaat Odisha, steht ein weiteres UNESCO Weltkulturerbe: der Sonnentempel von Konark (13. Jahrhundert). Er wurde so erbaut, dass er aussieht wie das Gespann des Sonnengottes Surya. Deshalb wurden in den Sockel des Tempels 24 große Wagenräder in den Stein gemeißelt. Auch Skulpturreste von Zugpferden kann man noch finden. Auch dieser Tempel ist mit zahlreichen kleinen erotischen Motiven geschmückt. Eine besondere Attraktion ist jedes Jahr im Dezember ein Festival klassischen indischen Tanzes in Konark statt.

In der kleinen Bergstadt Tirumala in den sieben Gipfeln zählenden Tirumala Hills bei Tirupati im Bundesstaat Andhra Pradesh befindet sich der berühmte vedische Tirumala Venkateswara Tempel. Er wird auch „Tempel der sieben Hügel“ genannt. Die religiöse Stätte ist die am häufigsten besuchte Pilgerort der Welt. Täglich besuchen ihn zwischen 50.000 und 100.000 Gläubige, das sind 30 bis 40 Millionen Menschen pro Jahr. Viele der Pilger spenden dort ihr Haar für Perückenmacher in aller Welt. Auch westliche Besucher dürfen hier übrigens die Tempel betreten, was in Südindien sonst häufig Restriktionen unterliegt.

 

Meenakshi Tempel in Madurai. Foto: Pablo Necochea
Meenakshi Tempel in Madurai. Foto: Pablo Necochea

In Madurai (Tamil Nadu) steht ein sechs Hektar großer, weitläufiger Tempelkomplex zu Ehren der Göttin Parvati und ihres Gatten Sundareshvara (Shiva), die laut Mythos in Madurai geheiratet haben. Teilweise stammt der Minakshi-Tempel noch aus dem 12. und 13. Jahrhundert. Im Wesentlichen wurde aber das, was man heute noch sieht im 16. und 17. Jahrhundert erbaut. Sein Baustil ist ein herausragendes Beispiel dravidischer Baukunst. Der fast quadratische Tempelbereich wird von einer sechs Meter hohen Mauer umfasst, in der sich an jeder Seite Eingangstore befinden, über denen riesige Tortürme (Gopurams) stehen. Außer den beiden Hauptschreinen gibt es noch einen kleineren Schrein, einen Tempelteich, drei große Säulenhallen sowie weitere Bauelement. Die Anlage ist wahrhaft ehrfurchteinflößend.

In der kleinen Stadt Deshnok (Rajasthan), rund 30 km von Bikaner entfernt, wird einem Tier gehuldigt, das bei uns Europäern eher bekämpft als gehätschelt wird: der Ratte. Im Karni-Mata-Tempel leben Tausende dieser Nagetiere. Sie werden als Reinkarnation der Göttin Durga verehrt und mit Nahrung und Getränken versorgt. Schon am Eingang befinden sich Hunderte in Stein gemeißelte Ratten. Der Tempel ist sehr detailreich verziert. Besonders schön ist die kunstvoll verzierte silberne Eingangstür. Ins allerheiligste Innere dieses Tempels dürfen jedoch nur gläubige Hindus. Doch die Ratten werden davor gefüttert. Übrigens unterscheiden die Inder durchaus zwischen den heiligen Ratten im Tempel und den Ratten außerhalb. Doch sie töten sie nicht. Die Tiere werden gefangen und weit von der Stadt entfernt wieder ausgesetzt.

Moscheen

Die große Freitagsmoschee Jama Masjid in Delhi. Foto: Guillaume
Die große Freitagsmoschee Jama Masjid in Delhi. Foto: Guillaume

Die zweitgrößte Glaubensgemeinschaft in Indien sind die Moslems, die nicht ganz 14 Prozent der Bevölkerung ausmachen; das sind immerhin 160 Millionen Menschen. Entsprechend viele beeindruckende Moscheen kann man in Indien besichtigen. Auch das berühmte Grabmal Taj Mahal in Agra (UNESCO Weltkulturerbe) ist muslimischen Ursprungs.

Die größte Moschee des Landes ist die Jama Masjid (Freitagsmoschee) in Delhi, in unmittelbarer Nähe der geschäftigen Altstadt Delhis. Sie ist im Übrigen auch eine der größten Moscheen der Welt. Großmogul Shah Jahan, der Erbauer des Taj Mahal, ließ sie Mitte des 17. Jahrhunderts erbauen. Angeblich sollen 5000 Handwerker an dem Bau beteiligt gewesen sein. Weißer Marmor mit persischen Inschriften verkleidet einen großen Teil der roten Sandsteinfassade des Gebäudes. Die Gebetshalle ist von 260 Säulen gesäumt. Auf dem großen Hof der Moschee haben bis zu 20.000 Gläubige Platz. Touristen dürfen die sehenswerte Moschee besuchen, allerdings müssen die Schuhe vor dem Eingang ausgezogen werden und man sollte sich nicht allzu offenherzig kleiden. Eine züchtige Körperbedeckung ist erwünscht. Aber das sollte man in jedweden Gotteshäusern ohnehin immer berücksichtigen. Auch in christlichen Kirchen sind nackte Beine und Arme nicht gern gesehen.

Von der Quwwat-ul-Islam-Moschee aus dem späten 12. bzw. 13. Jahrhundert sind nur noch Ruinen erhalten. Sie gehört zum Qutb-Komplex (UNESCO Kulturerbe) in Süd-Delhi. Der Gesamtkomplex ist hochinteressant. Von der Moschee selbst sind noch der reich verzierte Säulengang, der Innenhof und einige Bögen erhalten. Der Gebetsraum ist schon vor langer Zeit zerstört worden.

Mekka Moschee in Hyderabad. Foto: Pranav
Mekka Moschee in Hyderabad. Foto: Pranav

Erwähnenswert sind auch die muslimischen Bauten in Hyderabad im neuen indischen Bundesstaat Telangana (gehörte früher zu Andhra Pradesh), allen voran das Wahrzeichen der Stadt, das Charminar, sowie die denkmalgeschützte Mekka-Moschee. Kristallleuchter aus Belgien zieren den Gebetsraum der Mekka-Moschee. Das Charminar ist heute das Wahrzeichen der Stadt, aber auch ein herausragende Beispiel islamischer Architektur. Es sieht aus wie eine Art Triumphbogen oder Siegestor. Vermutlich ist das auch so gemeint, denn es wurde im 16. Jahrhundert nach einer überstandenen Pestepidemie errichtet. Im Obergeschoss des Gebäudes befindet sich eine von vier Seiten mit Minaretten gerahmte Moschee, was den Bau einzigartig macht. Sowohl der Mekka-Moschee als auch dem Charminar setzte der Smog ziemlich zu, sodass die Stadt den innerstädtischen Bereich um die beiden Gebäude 2001 zur verkehrsfreien Zone erklärte.

Buddhistische Tempel

Nicht einmal ein Prozent der Inder sind Buddhisten. Doch das Land hat eine ganze Reihe wichtiger buddhistischer Kultstätten und Tempel aufzuweisen. Da wäre der Ort Bodhgaya (Bihar), in dem Buddha im Alter von 29 Jahren Erleuchtung fand. Er setzte sich unter einen Baum und beschloss, sich so lange nicht zu bewegen, bis er erleuchtet sei. Nach drei Tagen und Nächten tiefer Meditation erreichte er sein Ziel. Der Bodhi-Baum, wie die Pappelfeige hier heißt, unter der Buddha damals gesessen haben soll, wurde im Laufe der Jahrhunderte mehrfach zerstört, teilweise durch Menschenhand, teilweise durch natürliche Einwirkungen. Aber der Baum wuchs immer wieder neu und ist noch heute zu sehen. Heute gibt es eine Reihe von Klöstern und Tempeln in der Gegend, denn Bodhgaya gehört zu den bedeutendsten Pilgerorten der Buddhisten. Der wichtigste Tempel ist der Mahabodhi-Tempel direkt neben dem Bodhi-Baum. Im Sanskrit heißt „maha“ übrigens „groß“ und „bodhi“ bedeutet „Erwachen“. Die Außenfassade des 55 m hohen Gebäudes ist mit unzähligen Buddha-Figuren geschmückt. Im Tempelinneren befindet sich eine vergoldete Buddha-Statue. Ursprünglich soll Ashoka der Großen, der Herrscher der Maurya-Dynastie, den Tempel im 3. Jahrhundert v. Chr. erbaut haben. Die heutige Konstruktion ist allerdings erst in der Zeit zwischen dem 5. und 7. Jahrhundert n. Chr. entstanden. Seit 2002 steht der Tempel auf der Liste des UNESCO Kulturerbes und wurde 2006 umfassend restauriert.

Bodhgaya. Foto: Matt Stabile
Bodhgaya. Foto: Matt Stabile

Eine weitere bedeutende buddhistische Sehenswürdigkeit befindet sich im Bundesstaat Madhya Pradesh: die Stupas in Sanchi (UNESCO Weltkulturerbe), die zu den ältesten noch existierende Bauwerken ihrer Art zählen. Acht dieser kuppelförmigen Grabhügelbauten stammen tatsächlich aus der Zeit von König Ashoka (3. Jahrhundert v. Chr.). Ashokas Frau stammte aus der Gegend. Ashoka gab auch den Auftrag für die Große Stupa in Sanchi, die über Relikten von Buddha erbaut worden sein soll. Daneben stand eine Säule mit einer Inschrift Ashokas. Die ursprüngliche Stupa wurde Mitte des 2. Jahrhunderts v. Chr. überbaut, als der Bau vergrößert wurde. Einige Jahrzehnte später kamen noch vier detailreich verzierte Toranas (steinerne Tore) hinzu. Erst im 4. bis 6. Jahrhundert n. Chr. zur Zeit der Gupta-Dynastie, wurde es üblich, Buddha in menschlicher Form darzustellen. In dieser Zeit kamen an den Außenmauern auch einige Buddhaskulpturen aus Stein hinzu. In Sanchi sind noch einige weitere Stupas und Tempel zu besichtigen. Der Komplex ist einzigartig in Indien.

In Kushinagar im Bundesstaat Uttar Pradesh liegt der Ort, an dem Buddha verstorben bzw. ins Nirwana hinübergeglitten ist. Die kleine Stadt beherbergt vier der wichtigstens buddhistischen Pilgerstätten. Die Überreste mehrerer Stupas und Klöster, aber auch neue Tempel und Klöster sind hier zu besichtigen. Erwähnenswert ist der Parinirvana-Tempel, in dem sich eine sechs Meter lange vergoldete liegende Buddhastatue befindet. Nachdem der Ort ab dem 5. Jahrhundert n. Chr. seine Bedeutung verlor, war er fast in Vergessenheit geraten. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die buddhistischen Relikte wieder ausgegraben und später von Buddhisten aus Myanmar (früher: Burma) restauriert.

Der liegende Buddha in Kushinagar. Foto: Bo Jayatilaka
Der liegende Buddha in Kushinagar. Foto: Bo Jayatilaka

Im Norden und Nordosten Indiens, z. B. in Ladakh oder Sikkim, ist der Buddhismus weit verbreitet und begleitet seit Jahrhunderten die Kultur und das Alltagsleben der Menschen dieser Region. Mit dieser Himalaya-Region verbindet sich unwillkürlich das einprägsame Bild der im Wind wehenden Gebetsfahnen, von denen Buddhisten erhoffen, dass sie ihre Gebete dem Himmel zutragen werden. Hier oben im Norden findet man zahlreiche sehr schöne buddhistische Klöster und Tempel. Zu den fünf wichtigsten buddhistischen Orten in Ladakh gehören das Hemis Kloster, das Thiksey Kloster, das Lamayuru Kloster, die Shani Stupa und der Alchi Gompa, ein buddhistischer Tempel.

Die buddhistischen Klöster in Sikkim sind für ihre landschaftlich reizvolle Lage und für ihre Handwerkskunst berühmt. Das wohl bekannteste Kloster Sikkims ist das Rumtek Kloster, das nur 25 km von Sikkims Hauptstadt Gangtok entfernt liegt. Das Enchey Kloster liegt direkt auf einem Hügel über Gangtok. Von hier kann man auch den dritthöchsten Berg der Erde, den Kangchendzönga, sehen. Das dritte wichtige Kloster Sikkims, das Pemayangtse Kloster, liegt etwa 140 km westlich von Gangtok. Er wurde 1705 erbaut und ist das älteste und erste Kloster Sikkims. Es liegt auf 2000 m Höhe mit malerischen schneebedeckten Bergen im Hintergrund. Zahlreiche wertvolle Ikonen werden hier aufbewahrt, unter anderem befindet sich hier auch ein Modell des himmlischen Wohnsitzes von Padmasambhava, dem Begründer des Buddhismus in Tibet, das in mühevoller Kleinstarbeit im Laufe von fünf Jahren hergestellt wurde.

Christliche Kirchen und Klöster

Christen machen in Indien zwar nur rund 2,5 Prozent der Bevölkerung aus, aber es ist immerhin die drittstärkste religiöse Gemeinde im Land. Die meisten Christen leben im Nordosten. Dort findet man keine herausragenden christlichen Bauten. Aber es gibt auch christliche Gemeinden in Kerala, Tamil Nadu und im ehemals portugiesischen Goa. Die Kirchen und Klöster Goas zählen sogar zum UNESCO-Weltkulturerbe, vor allem die Basílika do Bom Jesus, in der Franz Xaver, der Schutzheilige Goas, begraben liegt.

Forts und Paläste der Maharadschas

Unermesslicher Reichtum und Luxus lassen sich in den alten Palästen der Maharadschas erahnen. Man fühlt sich in eine Märchenwelt versetzt in diesen farbenfrohen Prachtbauten. Kaum irgendwo in Indien gibt es so viele gut erhaltene Maharadscha-Paläste wie im Bundesstaat Rajasthan und den Nachbarregionen.

City Palace (Stadtpalast) in Jaipur. Foto: Sameer Goyal
City Palace (Stadtpalast) in Jaipur. Foto: Sameer Goyal

Rajasthans Hauptstadt Jaipur birgt einige königliche Schätze. Im prunkvollen Stadtpalast, in dem heute noch in einem Teil des Palastes die Nachfahren der Maharadschas Jaipurs leben, befindet sich heute ein Museum, das eine schöne Sammlung von Teppichen, Kunstgegenständen, Waffen oder Emaillearbeiten beherbergt. Im Außenbereich steht auch noch eines der riesigen silbernen Gefäße, in denen einst ein Maharadscha bei einer Englandreise Wasser aus dem Ganges mitführte, weil er das englische Wasser nicht trinken mochte. Zu der Anlage gehört der berühmte Palast der Winde, der eigentlich nur eine Fassade ist, hinter der sich die Damen des Hofes verstecken konnten, um durch die winzigen Fenster einen Blick auf Paraden in der Stadt werfen zu können. In der Öffentlichkeit sollten sich die Frauen nicht blicken lassen; das war nicht schicklich.

Etwa außerhalb der Stadt liegt das Amber Fort, das bereits im 10. Jahrhundert gegründet, aber erst im 16. und 17. Jahrhundert zu seiner heutigen Größe und Pracht ausgebaut wurde. Die Festungsanlage samt einer kilometerlangen Festungsmauer, die die gesamte Gegend umschließt, ist imposant. Das Fort beschützte den Königspalast der Kachchawaha-Dynastie, der aus weißem Marmor und rotem Sandstein erbaut wurde. Hier ist vor allem der Spiegelsaal des Palastes interessant, dessen Innenwände mit unzähligen kleinen Spiegeln dekoriert sind, die einst das Licht der Kerzen vielfach widerspiegelten.

Stadtpalast in Udaipur. Foto: Dennis Jarvis
Stadtpalast in Udaipur. Foto: Dennis Jarvis

Das romantische Udaipur am künstlich angelegten Pichola-See, das auch gern als Filmkulisse genutzt wird, ist ein weiteres, ganz besonderes Beispiel für diesen Kulturschatz Indiens. Hier kann man – wie an vielen anderen Orten Indiens auch – sogar in den alten Palästen wohnen. Der große Maharadscha-Palast Shiv Niwas Palace wird heute teilweise als Museum, teilweise als Hotel genutzt. Ganz besonders luxuriös ist die Unterkunft im Lake Palace Hotel der Taj-Gruppe, das auf einer Insel mitten im See liegt. „Der Tiger von Eschnapur“, „Das indische Grabmal“, der James Bond Film „Octopussy“ oder „Best Exotic Marigold Hotel“ wurden hier gedreht. Der wunderschöne weiße Bau wurde im 18. Jahrhundert als Sommerresidenz errichtet. Auch einen weiteren Inselpalast, das Lustschloss Jag Mandir, hat die Stadt zu bieten. Heute befindet sich dort ein Restaurant, das mit Booten zu erreichen ist. Über der Stadt liegt der Monsun-Palast, von dem aus man einen schönen Blick über Udaipur hat.

In Agra im benachbarten Bundesstaat Uttar Pradesh steht nicht nur das berühmteste Gebäude Indiens, das Taj Mahal, sondern auch das Rote Fort (UNESCO Weltkulturerbe). Innerhalb der 2,5 km langen, geschlossenen Mauern des roten Sandsteinkomplexes, der einst den Mogul-Herrschern des 16. Jahrhunderts Schutz bot, liegen einige Märchenpaläste wie der aus rotem Sandstein erbaute Jahangir Palast, das marmorne Khas Mahal oder die beeindruckenden Empfangshallen (Diwan-i-Khas/Diwam-i-am). Der Musamman Burj, ein achteckiger Turm in der Nähe der Privatgemächer des Herrschers Shah Jahan erinnert mit seiner weißen, mit Stein- und Glasintarsien geschmückten Marmorverkleidung schon sehr an persische Vorbilder und damit an Geschichten aus 1001 Nacht.

Tipu Sultan Palast in Bengaluru. Foto: John Hoey
Tipu Sultan Palast in Bengaluru. Foto: John Hoey

Sehr interessant ist auch eine längst verlassene Stadt rund 40 km südwestlich von Agra: Fatehpur Sikri (UNESCO Weltkulturerbe) war für wenige Jahre – von 1571 bis 1585 – die Hauptstadt des Mogulreiches. Sie wurde eigens von Großmogul Akbar als neue Hauptstadt errichtet. Vermutlich weil die Wasserversorgung der Stadt nicht ausreichend funktionierte, verlegte er seinen Hof schließlich nach Lahore (Pakistan), das auch für seine Feldzüge im Nordwesten strategisch günstiger lag. Der Komplex samt Hauptpalast, Frauengemächern, Privatpalast, Moschee und vielem mehr ist sehr gut erhalten.

Der Cooch Behar Palast befindet sich in Westbengalen. Er ist eigentlich ein klassisches westliches Schloss im Stil der italienischen Renaissance. Ein wenig wurde er dem Buckinghampalast in London nachempfunden. Erbaut hat ihn Ende des 19. Jahrhunderts Maharadscha Nripendra Narayan, der als britischer Gouverneur die Sklavenhaltung in seinem Einflussbereich abschaffte und eine Mädchenschule eröffnete.

Zu einem der meistbesuchten Monumente Indiens gehört der Mysore Palast, der auch Amba Vilas Palast genannt wird. Auch sein Grundriss erinnert an den Buckinghampalast, aber er vereint verschiedene Stilrichtungen: hinduistische, rajputische, europäische und indisch-islamische. An der Ausstattung haben die Herrscher von Mysore bei diesem Palast, der erstmals im 14. Jahrhundert errichtet wurde, in seiner jetzigen Form aber aus dem späten 19. bis frühen 20. Jahrhundert stammt, nicht gespart. Geradezu verschwenderisch wurde er mit prachtvollen Marmor- und Mosaikböden, unzähligen Säulen, teurem Mobiliar, silberbeschlagenen und mit kunstvollen Schnitzereien verzierten Türen, Spiegelwänden und Wandbildern ausgeschmückt. Besonders imposant sind die beiden Empfangshallen, in einer steht sogar ein mit Blattgold überzogener Thron.

Mysore Palace. Foto: Marc Dalmulder
Mysore Palace. Foto: Marc Dalmulder

Auch im hohen Norden Indiens, in Ladakh, steht ein sehenswerter Palast, von dem aber leider nur noch Ruinen erhalten sind: der königliche Palast von Leh. Erbaut hat ihn König Sengge Namgyal im 17. Jahrhundert. Das Bauwerk ist stolze neun Stockwerke hoch. In den oberen Räumen logierte einst die königliche Familie, die unteren Stockwerke bestanden aus Stallungen und Lagerräumen. Als die hinduistischen Dogra Mitte des 19. Jahrhunderts Ladakh eroberten, gab die königliche Familie diesen Palast auf und zog sich in ihren Palast in Stok (ebenfalls Ladakh) zurück. Die archäologische Gesellschaft Indiens kümmert sich um den Erhalt der Überreste des Palastes, den man durchaus besuchen kann.

In Vadodara im Bundesstaat Gujarat steht ein Maharadscha-Palast, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im indo-sarazenischen Stil erbaut wurde: der Laxmi Vilas Palast. Er gilt als einer der prachtvollsten Maharadscha-Paläste Indiens. Die Empfangshalle des Palastes zieren ein venezianischer Mosaikboden, belgische Buntglasfenster und feinste Mosaiken an den Wänden. Vor der Halle liegt ein Hof mit Springbrunnen. Es gibt eine große Sammlung alter Waffen und Skulpturen aus Bronze, Marmor und Terracotta. Der Garten wurde von William Goldring, einem Spezialisten aus Londons Kew Gardens, gestaltet. In dem einstigen Schulgebäude für die Kinder des Maharadschas befindet sich heute ein Museum mit vielen Kunstwerken aus dem Besitz der königlichen Familie.

Laxmi Vilas Palace in Vadadora. Foto: Emmanuel Dyan
Laxmi Vilas Palace in Vadadora. Foto: Emmanuel Dyan

Schließlich wollen wir zum Schluss aus der Vielzahl an königlichen Bauwerken noch einen Palast im äußersten Nordosten, in dem kleinen Bundesstaat Tripura erwähnen: Neermahal, der Palast von König Bir Bikram Kishore Debbarman. Er liegt mitten im Rudrasagar See etwas mehr als 50 km von Agartala, der Hauptstadt Tripuras, entfernt. Der Neermahal ist der größte Palast seiner Art in Indien und eine Rarität, denn Wasserpaläste sind selten. Sein Baustil mischt auf Wunsch des auftraggebenden Maharadschas hinduistische und muslimische Elemente. Errichtet wurde er als Sommerresidenz mit 24 Zimmern insgesamt. Zur Unterhaltung gab es ein Open-Air-Theater, wo Theater-, Tanz- und andere kulturellen Aufführungen stattfanden. Zwei Treppen im Inneren des Palastes führen hinunter in den See. Man kann sie mit dem Boot ansteuern und gelangt so in den Palast.

Längst haben wir nicht alle Tempel und Paläste Indiens vorgestellt. Das Land ist reich und vielfältig in dieser Hinsicht und es bräuchte Jahre, wenn man diese Kulturschätze alle besuchen wollte.

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