Regisseur Sandeep Kumar, Foto: Indisches Filmfestival Stuttgart

German Star of India für Regisseur Sandeep Kumar

Spielfilmpreis für ‚Mehrunisa‘

STUTTGART – Der gesellschaftskritische Film ‚Mehrunsia‘ von Sandeep Kumar mit der wundervollen Schauspielerin Farrukh Jaffar in der Titelrolle ist am Sonntag vom 19. Indischen Filmfestival Stuttgart mit dem Filmpreis ‚German Star of India‘ (4.000 Euro) in der Kategorie Spielfilm ausgezeichnet worden. Die mit 1.000 Euro dotierte Trophäe für den besten Kurzfilm erhielt ‚Succulent‘ von Amrita Bagchi. Den mit 1.000 Euro dotierten Dokumentarfilmpreis gab es für ‚Writing with Fire‘ von Rintu Thomas und Sushmit Ghosh. Den ebenfalls mit 1.000 Euro dotierten ‚Director’s Vision Award‘ bekam ‚Paka – River of Blood‘ von Nithin Lukose. Der mit 1.000 Euro dotierte Publikumspreis steht erst zum Ende des fünftägigen Filmfestivals fest und wird am Montag, 25. Juli 2022, bekanntgegeben.

Gewinner Spielfilm Mehrunisa, Foto: Indisches Filmfestival Stuttgart
Gewinner Spielfilm Mehrunisa, Foto: Indisches Filmfestival Stuttgart

Bereits zum Auftakt des Festivals wurde die langjährige Kuratorin Uma da Cunha (89) aus Mumbai im Marmorsaal des Neuen Schlosses in Stuttgart mit der Staufermedaille in Goldausgezeichnet. Staatssekretärin Sandra Boser übergab die höchste Auszeichnung des Bundeslandes Baden-Württemberg erstmals an eine Inderin. Mit der Rückkehr ins Kino begeisterte das Festivals nach zwei pandemiebedingten Online-Ausgaben das Publikum mit 30 aktuellen Leinwandwerken und spannenden Filmgästen aus Indien. Besondere Highlights waren der sehr gut besuchte Schultag, der mit Mitteln für Filmfestivalförderung des Goethe-Instituts in Kooperation mit dem Auswärtigen Amt der Bundesrepublik Deutschland gefördert wurde, und der Familienfilm ‘Gandhi & Co.‘, eine indische Lausbubengeschichte, dessen Dialoge von der Stuttgarter Schauspielerin Juliane Bacher live im Kinosaal in Deutsch eingesprochen wurden. Honorarkonsul Andreas Lapp aus Stuttgart, der Hauptsponsor des Filmfestivals, und Generalkonsul Mohit Yadav aus München lobten das Indische Filmfestival Stuttgart als wichtige und lebedige Kulturbrücke zwischen Indien und der baden-württembergischen Landeshauptstadt Stuttgart. Nach einem ersten Blick auf die vorläufigen Besucherzahlen schaut Festivalleiter Oliver Mahn optimistisch ins Jahr 2023:
„Für den 20. Geburtstag des Indischen Filmfestival Stuttgart vom 19. bis 23. Juli 2023 planen
wir ein großes Event“.

Jurybegründung für Gewinnerspielfilm ‚Mehrunsia‘

Im Sieger-Spielfilm ‚Mehrunisa‘ kämpft eine 80-jährige Schauspielerin gegen das Patriarchat in Gesellschaft und Filmbranche. Nach dem Tod ihres Ehemanns verbrennt seine Witwe Mehrunisa öffentlich das Bett – „ein so unerhörtes Ereignis und ein so eindringliches Bild, dass man es noch lange nach dem Film im Kopf hat“, findet die dreiköpfige Jury, bestehend aus MFG-Mitarbeiter Maximilian Hoehnle, Regisseurin Anja Gurres und Produzent Louis Wick. Dies sei der Ausgangspunkt für eine wunderschöne Großmutter-Enkelin-Geschichte, „die Hierarchien in Frage stellt, Selbstbestimmung feiert und Hoffnung über die Kinoleinwand hinaus weckt. Indem sie die revisionistische Handlung eines historischen Filmdrehbuchs anprangern, nehmen Mehrunisa und Aliya die Filmindustrie aufs Korn und wenden das Blatt schließlich zugunsten einer historisch korrekten und geschlechtergerechten Erzählung“, so urteilt die Jury weiter.

Die Besetzung, das Schauspiel und die Inszenierung seien erhaben, aber bescheiden und nah an den Figuren, ohne zu werten. „‚Mehrunisa‘ spricht persönliche und gesellschaftliche Konflikte offen an, die so tief wie die liebenswerten Falten seiner Protagonistin sind, und umarmt sie von ganzem Herzen mit Pragmatismus und dunkel getöntem Humor,“ begründet die Jury ihr Votum.

Jurybegründung für Besten Dokumentarfilm

‚Writing with Fire‘ von den Regisseurinnen Rintu Thomas und Sushmit Ghosh erzählt die Geschichte der Journalistinnen von Khabar Lahariya – der einzigen vollständig weiblich besetzten Zeitungsredaktion in Indien. Die Journalistinnen berichten aus einer weiblichen Perspektive und davon, wie Ereignisse besonders im ländlichen Raum das Leben von Menschen aller Kasten beeinflussen. Die Regiseurinnen „fangen den Kampf der mutigen Journalistinnen gegen eine patriarchalische Gesellschaft und männlich dominierte Medienwelt ein. In atmosphärisch dichten Szenen begleitet der Film die Entwicklungen der Protagonistinnen aus der Bevölkerungsgruppe Dalit, für die im indischen Kastensystem kaum Bildungsmöglichkeiten vorgesehen sind. Die beobachtende Kamera fängt auch den digitalen Wandel der Redaktion gekonnt ein und zeigt einen Journalismus, der aus der Bevölkerung erwachsen ist, um Missstände aufzudecken und Demokratie und Menschenrechte zu stärken“, urteilt die Jury, bestehend aus Sabine Willmann (Film- und Theaterregisseurin, Medienpädagogin, Filmreferentin), SWR-Redakteur und Filmautor Stephan Zierhut und Dokumentarfilmerin Jannika Quaas. ‚Writing with Fire‘ sei ein spannendes Zeitdokument – Veränderungen sind nach Auffassung der Jury mit der nötigen Willenskraft und gegenseitigen Unterstützung auch unter schwierigen Bedingungen möglich.

Jurybegründung für den Besten Kurzfilm

Die dreiköpfige Jury bestehend aus dem indischen Filmemacher Ramesh Holbole, der Dramaturgin Katharina Parpart und der ZDF-Redakteurin Alex Staib begründen ihre Entscheidung wie folgt: „Der Kurzfilm ‚Succulent‘ konfrontiert uns mit universellen Fragen nach dem Kern unseres Menschseins: Was macht uns als Individuen aus? Sind wir ersetzbar? Können Nähe und Zuneigung konstruiert und wie eine Dienstleistung eingekauft werden? Dabei zeigt der Film eine Gesellschaft der sozialen Distanz – und lässt sowohl an die Ausprägungen eines pervertierten Hyper-Kapitalismus als auch die Folgen der Corona-Pandemie denken.

In dieser oft brutalen Welt von Verlorenheit und Vereinsamung beobachtet ‚Succulent‘ aber auch tröstliche Momente gegenseitiger Zuneigung und gleichzeitig deren Zerbrechlichkeit – etwa in der Beziehung der Hauptfigur zu ihrer betagten Kundin, deren Enkeltochter sie verkörpert.

Auch handwerklich überzeugt ‚Succulent‘ mit einer klaren Ästhetik und einer konsequenten Bildsprache. Spektakuläre Drehorte treffen auf prägnante Dialoge, intensives Spiel der Darsteller*innen und einen atmosphärisch dichten Soundteppich. Dabei ist der Film klug genug, vieles in Andeutungen zu belassen und die Geschichten seiner Figuren nicht auszuerzählen.

‚Succulent‘ skizziert einen dystopischen Gesellschaftsentwurf, eine Mischung aus Science-Fiction-Vision und Sozialstudie. Ein ebenso soghaft-faszinierender wie beunruhigender Film.“

Director’s Vision Award für ‚Paka’

Der mit 1.000 Euro dotiere Director’s Vision Award zeichnet Regisseur*innen aus, die mit ihrem Filmbeitrag ein außergewöhnliches politisches oder soziales Engagement beweisen. Die Jury – Festivalleiter Oliver Mahn und die beiden Kuratorinnen Uma da Cunha und Therese Hayes – entschieden sich für ‚Paka – River of Blood‘ von Nithin Lukose

So begründet die Jury ihre Entscheidung: „Gewalt erzeugt weitere Gewalt, das ist eine alte Weisheit. ‚Paka – River of Blood‘ zeigt uns anhand des Mikrokosmos eines Dorfes, wie sich die Spirale der Gewalt entwickelt, angetrieben von Hass, Eifersucht und Neid.

Die Handlung, die in einem indischen Dorf mit rivalisierenden Gangs spielt, lässt sich gut auf die allgemeine und aktuelle Weltlage projizieren. Der Film erinnert uns daran, dass mutige Menschen aufstehen und den Kreislauf von Misstrauen, Gewalt und Aggression durchbrechen müssen.

Wir müssen uns diese Welt gemeinsam teilen. Am besten geht das in Freiheit und gegenseitigem Respekt. Und dafür ehren wir Nithin Lukoses Film ‚Paka – River of Blood‘.“

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