Ein Stufenbrunnen in Gujarat. Foto: Giles Clark

Indien entdecken: Gujarat

Gujarat im Nordwesten Indiens nennt sich selbst gern Juwel des Westens. Seine Geschichte geht bis in die Zeit der Harappa-Zivilisation im Indus-Tal ungefähr 6000 v. Chr. zurück. Schon die alten Griechen, Perser und Römer pflegten Handelsbeziehungen hierher. Mahatma Gandhi stammt aus Gujarat und je nachdem, wie die diesjährige Parlamentswahl in Indien ausgeht, kommt hier eventuell der neue indische Premierminister her. Denn Narendra Modi, Chief Minister (Ministerpräsident) Gujarats und Spitzenkandidat der BJP, hat nach den bisherigen Umfragen gute Chancen, die Wahl zu gewinnen.

Gujarat grenzt im Norden an Rajasthan, im Süden an Maharashtra, im Osten an Madhya Pradesh und an das Arabische Meer sowie Pakistan im Westen. Die größte Stadt ist Ahmedabad, Hauptstadt ist jedoch das kleinere Gandhinagar. Wirtschaftlich gehört Gujarat zu den starken Säulen Indiens.

Das Land der Legenden

Wie schon erwähnt ist Gujarat die Geburtsstätte vieler Freiheitskämpfer Indiens wie Mahatma Gandhi oder auch Sardar Vallabhbhai Patel, Widerstandskämpfer und Staatsmann, Mitglied der Interimsregierung Nehrus und Organisator der indischen Einheit, dem Gandhi wegen seiner Führungsqualitäten den Beinamen „Sardar“ (Boss, Chef) gab. Aber auch andere, bei uns weniger bekannte Freiheitskämpfer stammen aus Gujarat.

Seinen Namen hat Gujarat von den Gujjars, einem Herrschergeschlecht, das etwa von 700 bis 800 regierte. Danach folgte die Solanki-Dynastie, während deren Herrschaft Gujarat seine flächenmäßig größte Ausdehnung erzielte. Nach der Solanki-Dynastie gab es eine sehr lange Zeit, in der Muslime in Gujarat (und Indien) herrschten. Ahmed I., der erste unabhängige Muslimherrscher Gujarats, gründete 1411 Ahmedabad. In den 1570er-Jahren wurde Gujarat vom großen Mogul-Herrscher Akbar erobert. Die British East India Company setzte ihre Fußstapfen erstmals 1818 nach Surat. Nach der Unabhängigkeit Indiens verschmolz Gujarat, das aus einigen Fürstenstaaten bestand, mit dem Bombay State. Am 1. Mai 1960 wurde der Bombay State dann in die Bundesstaaten Maharashtra und Gujarat aufgeteilt. Ahmedabad wurde zunächst die Hauptstadt Gujarats, bis die Regierung 1970 nach Gandhinagar umzog.

Historische Stätten und Monumente

In Gujarat findet man eine äußerst interessante Mischung historischer und archäologischer Zeugnisse aus mehr als 4.500 Jahren menschlicher Geschichte. In Lothal erhält man unvergleichlich gute Einblicke in die Harappan-Zivilisation. Ahmedabad beherbergt Beispiele indo-sarazenischer Architektur, in Palitana stehen unzählige Jain-Tempel, buddhistische Höhlentempel findet man in Junagadh und über den ganzen indischen Bundesstaat verstreut Architekturbeispiele der Rajputen. Diese Bauwerke sind nicht nur wichtige und beliebte Touristenattraktionen, sondern repräsentieren auch alle großen Religionen Asiens – Hinduismus, Buddhismus, Jainismus, Islam, Zoroastrismus (auch Parsismus genannt) und Sikhismus.

Die älteste historische Stätte in Gujarat sind die Ruinen von Lothal, einem der ersten indischen Häfen, der auf 1800 bis 2400 v. Chr. zurückdatiert werden kann. Hier kann man heute noch sehr gut nachvollziehen, wie weit die Städteplanung damals bereits gediehen war. Ägypter, Perser und Mesopotanier liefen diesen Hafen an. Es wurden Tongefäße, Schmuck aus Halbedelsteinen und andere Relikte aus dieser Zeit hier gefunden.

Vadnagar ist berühmt für den Hatkeshwar Tempel und sein Torans, ein reich verziertes, zerbrechlich wirkendes Tor aus dem 12. Jahrhundert. Zwei etwas mehr als 10 m hohe dünne Säulen aus rotem und gelbem Sandstein tragen den Torkopf. Dieser Torans ist einer der wenigen Beispiele dieser Architektur, das noch erhalten ist. Vielleicht war er einst ein Eingang zu einem Tempelkomplex; Überreste, die diese These bestätigen, wurden aber nicht gefunden.

Der Hatkeshwar-Tempel stammt aus dem 17. Jahrhundert. Er ist außen mit kunstvollen Steinmetzarbeiten verziert, die z. B. die neun Planeten, Musiker oder Apsaras beim Tanz zeigen.

Der Champaner-Pavagadh Archaeological Park gehört seit 2004 zum UNESCO Weltkulturerbe. Er beherbergt eine zum größten Teil noch nicht ausgegrabene frühe hinduistische Stadt mit Hügelfestung, religiösen Gebäuden, Palästen und Wohngebäuden aus dem 8. bis 14. Jahrhundert.

In Gujarat gibt es noch viele weitere Kulturdenkmäler, z. B. viele sehr gut erhaltene, schöne Stufenbrunnen wie den berühmten Rani ki vav in Patan und unzählige Forts und Paläste. Aber auch die Natur Gujarats hat einiges zu bieten.

Tierwelt und Natur

Noch leben in Gujarat als einzigem Ort auf der Welt die letzten wildlebenden asiatischen Löwen. Doch im Gir Nationalpark, der Heimat der stolzen Raubkatzen, sind die Lebensbedingungen der Tiere inzwischen offensichtlich so gut, dass sich die Bestände deutlich erhöht haben und 2013 erstmals wieder mehr als 100 Jungtiere gezählt wurden. Nun gibt es Pläne, einige der Tiere in Madhya Pradesh in Nationalparks anzusiedeln, da die Löwenpopulation im Gir Nationalpark inzwischen etwas zu hoch ist.

Gujarat hat vielfältige Landschaftsformen und eine entsprechend abwechslungsreiche Tierwelt zu bieten. Es gibt trockene Wälder, weite Graslandschaften, Sumpfgebiete und feuchte Regenwälder, und dann natürlich noch die 1600 km lange Küstenlandschaft. Lohnende Ausflugsziele für Naturliebhaber sind der schon erwähnte Gir Nationalpark, der Little Rann of Kutch, ein UNESCO Biosphärenreservat, das für seine wilden Esel, aber auch die indischen Wölfe, Wüstenfüchse und Nilgai-Antilopen berühmt ist, oder das Unterwasserparadies Pirotan Island. Pirotan Island gehört zum Marine National Park Gujarats, der aus insgesamt 42 Inseln besteht, von denen aber nur zwei Besuchern offen stehen, um die Meeresflora und Fauna zu schützen. Um Pirotan Island zu besuchen, braucht man eine Genehmigung vom Forest Department und von der Polizei (am besten einen Reiseveranstalter fragen).

Kunst, Kultur und Lebensart

Selbstverständlich hat Gujarat auch seine ganz eigene Kultur. Kunst, Musik und Tanz, Kunsthandwerk und Lebensstil der Gujarater haben ihre ganz eigene Note. Die Stoff- und Stoffverarbeitung Gujarats ist weltberühmt für ihre Eleganz und Genauigkeit. Die Batikarbeiten dieser Region sollen die besten Indiens sein, heißt es. Auch kommen einiger der schönsten Saristoffe hierher. Die Patola von Patan sind für ihre farbenprächtigen geometrischen Muster bekannt. Patolas werden mit einer einzigartigen Färbe- und Webtechnik hergestellt, die auf beiden Seiten des Stoffes identische Muster erzeugt. Es gibt auch wunderschönen traditionellen Schmuck oder fein geschnitzte Holzarbeiten in Gujarat.

Alkohol

Gujarat ist einer der wenigen indischen Bundesstaaten, in denen Alkohol verboten ist. Das betrifft jedoch nur Inder. Mit einem nichtindischen Pass oder einer Greencard für Gujarat kann man sich eine Alkoholerlaubnis, die einen Monat gültig ist besorgen. Damit darf man in großen Hotels im Liquor Shop Alkohol kaufen. Das kann man als Ausländer auch, wenn man seinen Pass vorzeigt, ein Flug- oder Zugticket, mit dem die Reise belegt ist, und/oder den Nachweis, dass man in einem Hotel wohnt.

Regional unterschiedliche Gebräuche, viele Festivals, verschiedenen Trachten in den einzelnen Regionen und eine sehr gute Küche machen Gujarat zu einem abwechslungsreichen Reiseziel.

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