Ein Bartaffe in den Anaimalai-Bergen, die Teil der Westghats Indiens sind. Foto: T.R. Shankar Raman

Die Westghats – Indiens artenreiches Naturreservoir

Immergrüner Regenwald, bis zu 20 Meter hohe Bäume, Tempel, Backwaters (Altwasser), endlose Reisfelder und palmengesäumte Strände mit goldfarbenem Sand, die sich über viele Kilometer erstrecken – so kann man in Kürze den Südwesten Indiens beschreiben. Vor allem die immergrünen Wälder im Landesinneren, die hier sholas heißen, sind einen zweiten Blick wert.

Die Westghats sind ein Höhenzug, der sich von Karnataka über Kerala bis Tamil Nadu hinziehen. Hier findet man immer noch weite Teile unberührter Natur. Der Name „sholas“ für die Wälder hier stammt vermutlich aus dem Tamilischen von dem Wort „cholai“, das Dickicht oder Bambushain bedeutet, ab, könnte aber auch ursprünglich vom Wort „golla“ aus der indo-arischen Sprache Prakrit stammen, das wiederum vom Sanskrit-Wort „gulma“, das ebenfalls Dickicht bedeutet, herrührt. Und genau das beschreibt diese Wälder: Die Sholas sind dichte Wälder, die die Berge und Täler der Westghats mit einem dicken grünen Teppich zudecken. Dazwischen sind manche Berge mit weitem Grasland bedeckt. Grün, wohin das Auge reicht.

Vielfältige wunderschöne Schmetterlinge findet man in den Wäldern und im Grasland. Foto: Premnath Thirumalaisamy
Vielfältige wunderschöne Schmetterlinge findet man in den Wäldern und im Grasland. Foto: Premnath Thirumalaisamy

Einen dieser Märchenwälder erreicht man gut von Kodaikanal aus: den Kukkal Shola. Allerdings ist nur noch ein Teil des ursprünglich ausgedehnten Waldes an den Flanken des Kukkal-Plateaus erhalten. Doch die einstündige Fahrt von Kodaikanal in die Berge führt durch idyllische Landschaften. Hinter dem Wald breitet sich das ausgedehnte Grasland der Palani-Berge aus. Die Einheimischen dort erzählen, dass sich die Wälder vor der Ankunft der Europäer einst von den Gipfeln der Palani-Berge bis hinunter ins Flachland zogen. Doch da das Holz dieser Wälder keinen kommerziellen Nutzen für die Europäer hatte, schlugen sie große Schneisen in die Sholas, um Eukalyptus, Pinien und Akazien zu pflanzen. Ein großer Fehler, wie die Einheimischen meinen, denn diese fremden Bäume bieten der einheimischen Flauna wenig Nahrung, sodass es fast ein wenig gespenstisch ist, wenn man durch diese Plantagen läuft, in denen man kaum den Laut eines Tieres vernehmen kann.

Sehenswert: ein grauer Malabar-Hornschnabel. Foto: Kishore Bhargava
Sehenswert: ein grauer Malabar-Hornschnabel. Foto: Kishore Bhargava

35 Kilometer von Kodaikanal entfernt liegt das Dorf Mannavanur. Wenn Sie von hier aus nur zehn Minuten lang in den artenreichen Wald spazieren, werden Sie glauben, sie befänden sich im Urwald des Amazonas. Die größten Bäume ragen hier bis zu 20 Meter Höhe auf. Darunter wachsen kleiner Bäume und Sträucher, die mit dem wenigen Licht, dass die Riesen durchlassen, gerade noch so zurechtkommen. Die zweitkleinsten Bäume dieses Waldes erhalten nur noch rund 60 bis 70 Prozent des Sonnenlichts. Nach unten hin werden die Sonneneinstrahlungen immer geringer. Doch was hier ganz unten auf dem Boden wächst, würde sofort eingehen, wenn die Sonne stärker bis hierher durchdringen würde. Der Wald leistet somit ein wunderbares Teamwork, bei dem jeder Baum und jede Pflanze von den jeweils anderen abhängt. Und das Licht im Wald ist diffus und zauberhaft.

Typischer Ast eines Baums im Shola-Wald. Foto: indianature SG
Typischer Ast eines Baums im Shola-Wald. Foto: indianature SG

Der weiche Humusboden des Waldes saugt während des Monsuns viel Wasser auf, um es während der Trockenperiode allmählich wieder an die Pflanzen abzugeben, wie ein natürlicher Schwamm. Bäche und Flüsse durchziehen die Landschaft. Der Kukkal- und der Mannavanur-See sind weitere Wasserquellen, die unter anderem auch aus dem Wasser das der Shola-Wald absorbiert, gespeist werden. Man findet eine Menge schöner Pflanzen, vor allem viele Orchideenarten hier.

Der Wald ist auch Heimat der Nilgiri-Tahr, einer kleinen ziegenähnlichen Antilopenart, des seltenen und vom Aussterben bedrohten Bartaffen, der es nur hier in den Westghats vorkommt. Wilde Elefanten, große Wildrinder, die sogenannten Gaur, Wildschweine, viel Wild, Nilgiri-Languren und Tiger streifen durch die Wälder. Sie gehören zu den Säugetierarten, denen man am häufigsten hier begegnet. Über 300 Vogelarten wurden bislang gesichtet, darunter die bunten Trogone, Elfenblauvögel oder drei verschiedene Hornvogelarten.

Ein Nilgiri-Langur im dichten Blätterwerk. Foto: Pandiyan
Ein Nilgiri-Langur im dichten Blätterwerk. Foto: Pandiyan

Der Kukkal Shola ist nur einer von vielen Shola-Wäldern in den Westghats. Es lohnt sich jedenfalls, wenn man im Südwesten Indiens auf Reisen ist, einmal einen Abstecher ins Hinterland, weg von der Küste zu machen und z. B. einen der Nationalparks dort zu besuchen – wie den Paramibikulam Nationalpark in Kerala oder den Indira Gandhi Nationalpark in Tamil Nadu. Doch gehen Sie dort keinesfalls allein in den Wald. Ein guter ortskundiger Führer, der den Wald wie seine Westentasche kennt, ist als Begleiter unverzichtbar, denn man verläuft sich im dichten Grün nur allzu leicht und man sollte Bescheid wissen, welche Tiere und Pflanzen des Waldes eventuell gefährlich werden könnten.

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