Das kleine Dorf Villers-Guislain in Nordfrankreich birgt ein bemerkenswertes Denkmal, das an die Opfer und den Mut indischer Soldaten im Ersten Weltkrieg erinnert. Dieses von der indischen Regierung errichtete Denkmal wurde am 10. November 2018 eingeweiht und ist ein Symbol für die Rolle Indiens im globalen Konflikt des frühen 20. Jahrhunderts.
Die historische Bedeutung des Denkmals
Indien, damals noch Teil des Britischen Empires, stellte während des Ersten Weltkriegs über 1,3 Millionen Soldaten für die alliierten Streitkräfte. Die ersten indischen Truppen, bestehend aus zwei Infanterie- und zwei Kavalleriedivisionen, erreichten am 26. September 1914 den europäischen Boden in Marseille. Von dort aus wurden sie direkt an die Westfront in Frankreich und Belgien verlegt. Besonders die indische Kavallerie spielte in der Region Villers-Guislain eine entscheidende Rolle.
Im November 1917, während der Schlacht von Cambrai, setzten die Briten die indische Kavallerie ein, um deutsche Gegenangriffe abzuwehren. Dieser Einsatz, der mit erheblichen Verlusten verbunden war, ermöglichte es den britischen Truppen, ihre Linien zu stabilisieren und einer Einkreisung zu entgehen. Die Ereignisse dieser Schlacht prägen die Erinnerungskultur, die durch das Denkmal in Villers-Guislain aufrechterhalten wird.
Die Einweihung und jährliche Gedenkveranstaltungen
Am 10. November 2018, kurz vor dem 100. Jahrestag des Kriegsendes, weihte der indische Vizepräsident Shri M. Venkaiah Naidu das Denkmal ein. In seiner Ansprache würdigte er die indischen Soldaten, die in der Ferne gekämpft und das ultimative Opfer gebracht hatten. Trotz strömenden Regens nahmen hochrangige Vertreter Indiens und Frankreichs, darunter der Bürgermeister von Villers-Guislain und der indische Botschafter in Frankreich, an der Zeremonie teil.
Seit seiner Einweihung wird das Denkmal jährlich von indischen und französischen Vertretern besucht, was die enge Verbindung zwischen beiden Ländern symbolisiert. Zu den Anlässen gehören nicht nur Gedenktage des Ersten Weltkriegs, sondern auch Feierlichkeiten anlässlich des 75. Jahrestages der Freundschaft zwischen Indien und Frankreich im Jahr 2023.
Die Schlacht von Cambrai und die indische Kavallerie
Die Schlacht von Cambrai im November 1917 markierte den ersten groß angelegten Einsatz von Panzern in der Geschichte der Kriegsführung. Die britischen Truppen durchbrachen zunächst erfolgreich die deutsche Hindenburglinie, doch ein massiver deutscher Gegenangriff am 30. November führte zur Rückeroberung mehrerer Gebiete, darunter Villers-Guislain.
Um den Rückzug der britischen Truppen zu sichern, setzte man die indische Kavallerie ein. Diese Truppen waren ursprünglich mit traditionellen Waffen wie Speeren und Schwertern ausgestattet und warteten monatelang auf ihren Einsatz. Ihre Opferbereitschaft während des deutschen Gegenangriffs wird heute durch das Denkmal geehrt. Viele von ihnen überlebten den Einsatz nicht, und diejenigen, die verletzt wurden, fanden Aufnahme in Lazaretten wie dem Hof „Bellevue“ nahe Péronne.
Das Denkmal und seine Umgebung
Das indische Denkmal in Villers-Guislain liegt südlich des Dorfes an der Rue de la Somme (D89). Es ist das erste Denkmal dieser Art, das von der indischen Regierung in Frankreich errichtet wurde. Obwohl keine Gräber indischer Soldaten direkt in Villers-Guislain gefunden wurden, erinnert das Denkmal an die 315 indischen Soldaten, die in Péronne auf dem britischen Friedhof Chapelette begraben sind.
Für Besucher bietet die Region Nordfrankreich weitere Möglichkeiten, sich mit der Geschichte des Ersten Weltkriegs auseinanderzusetzen. Das Kriegsmuseum „Historial de la Grande Guerre“ in Péronne, etwa 25 Kilometer entfernt, liefert vertiefte Einblicke in die Geschehnisse der Schlacht von Cambrai und die Erfahrungen der Soldaten.
Beitrag, Fotos und Abbildungen: Rainer Schoder